DENKZETTEL

Ist es nicht seltsam und ein echtes Wunder, dass wir uns ausgerechnet hier, mitten in der Unendlichkeit, auf dieser kleinen blauen Perle irgendwo im Nirgendwo getroffen haben und zusammen gekommen sind? Allerdings haben wir uns mit unserem Hiersein von unserer wahren Heimat so weit entfernt, dass wir das Wunder unserer göttlichen Existenz und unsere damit untrennbar verbundene Heiligkeit nicht mehr wahrzunehmen vermögen. Die sichtbare Welt mit ihren Verlockungen und ihren mannigfachen Verheißungen ist ein Gefängnis, dessen Mauern und Grenzen wir nicht wahrhaben wollen und darum auch nicht erkennen können. Geblendet vom schönen Schein und den glänzenden Oberflächen der Dinge, haben wir uns von unserem geistigen Sein abgewendet und vom Wesentlichen, namentlich unserer Seelenexistenz, so weit  entfremdet, dass wir daran zu glauben begonnen haben, das Diesseits sei der verprochene ‚Alte Garten‘, das verheißene Paradies! Doch die Wahrheit ist: Das Licht dieser Welt ist nicht einmal ein schwacher Abglanz jenes göttlichen Lichts, aus dem wir einstmals kamen, und für die Lichtwesen, die wir ja eigentlich sind, nichts anderes als Finsternis und Dunkelheit. Darin irren wir umher, wie in einem magischen Labyrinth, das wir zu verstehen suchen und erklären wollen, aber doch nicht erfassen können. Erst, wenn es ans Sterben geht und wir Abschied nehmen und erkennen müssen, dass hinter allem Sichtbaren doch etwas Geistiges, Nichtstoffliches wirkt, und es eine Seele gibt, durch die alles miteinander verbunden ist, erst dann, wenn es keine Umkehr mehr gibt und das Licht Gottes seine ersten Strahlen in unsere Herzen wirft, erst dann begreifen wir, dass wir von all dem, was uns hier gegeben ist und das wir lieb gewonnen haben, nichts werden mitnehmen können. Alles, was uns mit Freude und Genugtuung erfüllt hat, was wir mit unserer Hände Arbeit erschaffen und geformt haben, aber auch all unsere Sorgen und Nöte, all unsere Dramen werden wir eines Tages hinter uns lassen müssen. Nichts von all dem werden wir mitnehmen können auf die andere Seite der Mauer.

Ist es gerade deshalb nicht von ungeheurer Bedeutung, dass wir uns schon zu Lebzeiten mit unserer geistigen Wirklichkeit auseinandersetzen und damit beginnen, ein friedliches, von gegenseitigem Respekt, von Liebe und Achtung getragenes Miteinander zu leben? Am Anfang war das Wort, so heißt es, und tatsächlich kommen die Dinge durch das Wort in die Welt. Wenn wir also damit anfangen könnten, unsere kostbare Lebenszeit nicht mit so viel Unnützem und Nebensächlichen zu vergeuden, und wir stattdessen unsere Mitmenschen schon zu Lebzeiten wissen lassen würden, wie viel uns ihre Anwesenheit und ihre Freundschaft wirklich bedeuten, wäre das nicht ein einfacher, schöner Anfang, um wieder wesentlich zu werden und das Licht in uns zu einem Feuer der Freude zu entfachen? Beginnen wir damit, freundlich zu sprechen, liebend zu denken und friedlich zu handeln, damit das Wesentliche auch diesseits der Mauer in Erscheinung zu treten vermag!  

Meine ‚DENKZETTEL‚ verstehe ich als kleine Brotkrumen, die Ihnen, wie im Märchen von Hänsel und Gretel, den Weg weisen können. Gehen müssen Sie diesen Weg ganz alleine und das Abenteuer des Sich-selbst-bewussten-Seins müssen und können nur Sie selbst bestehen! Nur dort, in Ihrer eigenen Stille, wo Sie ganz im Gegenwärtigen und in Ihrer Mitte sind, wo es weder Zeit noch Wünsche gibt und Sie ganz wahr und bei sich sind, werden Sie jenem lichten Wesen begegnen, das Sie wirklich sind. Und nur dort werden Sie jenen Frieden und die Kraft finden, mit der Sie allen Stürmen des diesseitigen Lebens in völliger Gelassenheit entgegenzutreten vermögen.